NACH SCHWEREM STURZ: SICHERHEITSDEBATTE FLAMMT AUF - MAL WIEDER

Van Aert musste operiert werden - Technische Neuerungen als Problem?

Wer den Radsport aufmerksam verfolgt, musste in dieser noch jungen Saison schon diverse schwere Stürze mitansehen. Kein Wunder, schließlich wird das Tempo in den Rennen höher und höher und die Technik der Räder entwickelt sich weiter. Allerdings stellt sich die Frage, ob die bessere Technik am Ende sogar das Problem sein könnte.

Zuletzt hatte es Topstar Wout van Aert beim Eintagesrennen Quer durch Flandern erwischt. Der Sturz am Mittwoch ereignete sich jedenfalls in einer besonders schnellen Abfahrt, die aufgrund ihrer Gefährlichkeit aus der Strecke der Flandern-Rundfahrt gestrichen worden war. Bei Quer durch Flandern aber blieb sie im Programm - mit verheerenden Folgen. "Vielleicht werden wir sie aus all unseren Rennen entfernen", sagte Tomas Van Den Spiegel, einer der Organisatoren der "Flanders Classics", im Anschluss.

Für van Aert kommt die Einsicht zu spät. Er zog sich einen Schlüsselbeinbruch, mehrere Rippenbrüche sowie einen Bruch des Brustbeins zu. Die Schuld für den Crash nahm übrigens ein Teamkollege auf sich: Van Aert habe sein Hinterrad touchiert, das habe den Sturz ausgelöst, sagte der untröstliche Tiejs Benoot, damit sei er mindestens teilweise in der Verantwortung.

Welche Rolle spielt die Material-Revolution?

Ihren Beitrag könnte aber auch die Material-Revolution der vergangenen Jahre geleistet haben: Viele Aktive bremsen aufgrund der effektiveren Scheibenbremsen heute viel später als in früheren Jahren. Während bei den herkömmlichen Felgenbremsen noch etwas Kraft benötigt wurde, um schnell runterzubremsen, reicht bei der Scheibenbremse, die über die Mountainbikes ihren Weg ins Peloton gefunden hat, schon ein leichtes Antippen.

So wird in vielen Rennen kompromissloser gefahren. "Das Niveau des Feldes ist sehr hoch und der Druck, eine gute Position zu haben, vorne zu sein, ist enorm", sagte der belgische Fahrer Tim Declercq.

UCI untersucht die jüngsten Vorfälle und hat Zweifel

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Bei der UAE Tour oder bei Strade Bianche kam es zudem zu Unfällen, die eine weitere Materialdiskussion auslösten. Thomas de Gendt war etwa vor laufender Kamera auf der 5. Etappe gestürzt. Der Mantel war von der Felge gerutscht und der Sicherheitsschaum hatte sich gelöst. Diese sogenannten Hookless-Felgen sind Teil der Debatte. Die Kompatibilität von Reifen- und Felgenbreiten muss dabei eingehalten, was die UCI zuletzt in Zweifel zog. Demnach würden sich nicht alle Teams daranhalten, was bei Stürzen eine Rolle gespielt haben könnte. Der Weltverband bittet Teams, Kommissare und Fahrer, alle Vorfälle diesbezüglich zu melden.

Außerdem wurde im vergangenen Jahr die Datenbank "Safe R" eingeführt. Hier sollen gefährliche Situationen in Rennen wie Stürze erfasst werden. Mit den gewonnenen Erkenntnissen sollen Stürze und andere gefährliche Vorfälle künftig verhindert bzw. verringert werden.

"Einen Radfahrer, der keine Angst hat, kenne ich nicht"

Zudem könnte in Zukunft eine schützende Ausrüstung eingesetzt werden, um den Radsport etwas sicherer zu machen. "Stürze sind Teil unseres Sports aber wir können etwas tun, um die Fahrer zu schützen", sagte Jan Bakelants, ehemaliger Träger des Gelben Trikots bei der Tour de France und enger Vertrauter von van Aert: "Eine Art Airbag, den man sich wie beim Skifahren auf den Rücken schnallt."

Trotzdem: Die Gefahr wird beim Hochgeschwindigkeitssport wohl auch in Zukunft mitfahren, zum Leid der Athleten: "Einen Radfahrer, der keine Angst hat, kenne ich nicht", sagte der französische Profi Benoit Cosnefroy.

Und die Reflexe gleichen sich nach jedem Sturz eines prominenten Fahrers. Die Diskussion nimmt Fahrt auf. Doch ändern wird sich erstmal wenig. Die kommenden Rennen Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix, Amstel Gold Race und Wallonischer Pfeil sind berüchtigt und dürften einmal mehr nicht ohne Stürze über die Bühne gehen. Bleibt zu hoffen, dass es dabei nicht zu schweren Verletzungen kommt. Van Aert wurde bereits operiert. Die Teilnahme am Giro d'Italia im Mai, bei dem van Aert sein Team als Kapitän anführen sollte, ist jedenfalls in Gefahr.

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