BORUSSIA DORTMUND: NIEDERLAGE BEI RB LEIPZIG OFFENBART DEFIZITE VOR CHAMPIONS-LEAGUE-HALBFINALE

1:4 ging Borussia Dortmund in Leipzig unter. Die Niederlage belegt wieder einmal: Der BVB hat Defizite in allen Mannschaftsteilen. Eine Bestandsaufnahme vor dem Champions-League-Halbfinale gegen Paris Saint-Germain.

Der Sonderflug aus Leipzig landete so zeitig in Dortmund, dass die Trainer und Profis der Borussia die Chance hatten, zumindest die zweite Halbzeit des Spiels von Paris Saint-Germain noch zu sehen. Der Halbfinalgegner in der Champions League hätte gegen den Aufsteiger und abstiegsgefährdeten AC Le Havre nur einen Heimsieg benötigt, um eine weitere Meisterschaft perfekt zu machen.

Es reichte aber nur zu einem 3:3 nach 1:3-Rückstand, der Ausgleich fiel in der vierten Minute der Nachspielzeit. Der Verdacht liegt nahe, dass PSG gedanklich schon ein paar Tage weiter war, nämlich beim Hinspiel des Halbfinals am Mittwoch (21 Uhr; Stream: DAZN) in Dortmund.

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Diesen Verdacht könnten die Franzosen auch hegen, als sie das Ergebnis des BVB hörten. Die Dortmunder gingen zwar in Führung, verloren dann aber 1:4, wegen eines »Leistungsabfalls ab der 20. Minute«, wie Trainer Edin Terzić wieder mal zerknirscht konstatierte.

Terzić hatte sich vor dem Spiel alle Mühe gegeben, die Bedenken auszuräumen, seine Mannschaft wäre gedanklich auch schon ein paar Tage weiter. Sämtliche Konzentration, so der Trainer, gelte dem Duell um den vierten Platz in der Bundesliga, der ganz sicher in die Champions League führt.

Ernüchternde Bilanz gegen die Topteams der Liga

Sollten es die Spieler tatsächlich geschafft haben, das Duell mit Paris auszublenden, war es eine bedenkliche Leistung, die zum wiederholten Mal die Frage aufwirft: Wie konnte es diese Mannschaft unter die besten vier Teams in Europa schaffen, obwohl sie gegen die besten vier der Bundesliga kaum etwas zu melden hat?

Aus den acht Spielen gegen Bayer Leverkusen, Bayern München, VfB Stuttgart und RB Leipzig holte der BVB fünf Punkte. Drei davon beim Sieg in München Ende März. Sämtliche Bundesliga-Partien gegen den VfB und RB gingen verloren, in Stuttgart schieden die Dortmunder zudem aus dem DFB-Pokal aus.

»Dass das in dem Jahr so läuft, wie es läuft und du noch die Chance hast, dich anderweitig für die Champions League zu qualifizieren, da kannst du abends dreimal beten und sagen: Gott sei Dank.« So beschrieb Julian Brandt den glücklichen Umstand, dass der fünfte Platz über eine Sonderwertung ziemlich sicher in die Königsklasse führen wird.

Der BVB ist zur richtigen Zeit eher zufällig am richtigen Platz in der Tabelle, der ansonsten aber den Ansprüchen nicht gerecht wird. Drei Spieltage vor Saisonende fünf Punkte Rückstand auf den vierten Platz zu haben, hätte in den vergangenen Jahren vermutlich den Krisenstab um Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und dessen Berater Matthias Sammer auf den Plan gerufen.

So aber geht es zumindest öffentlich ohne größeres Getöse weiter zu einem der größten Spiele in der jüngeren Vereinsgeschichte.

Paris Saint-Germain war schon in der Gruppenphase Dortmunds Gegner. Das Spiel in der französischen Hauptstadt ging 0:2 verloren. Im Rückspiel rettete sich PSG mit einem 1:1 in die K.-o.-Phase. In den neuerlichen Duellen am Mittwoch und am 7. Mai in Paris entscheidet sich auch, wann eine Analyse in die Öffentlichkeit dringt, die intern schon längst begonnen haben dürfte.

Wenig Tempo, wenig Konstanz

Borussia Dortmund, das belegte die Partie in Leipzig wieder, weist Defizite in allen Mannschaftsteilen auf. Zu den Problemen in der Defensive gehört die mangelnde Geschwindigkeit vieler Spieler, die am Samstag speziell ein Leihspieler von Paris Saint-Germain aufdeckte: Xavi Simons überragte in einer Leipziger Mannschaft, die Dortmund mit ihrem Tempo bei Kontern überforderte.

Ian Maatsen und Emre Can, die in der Bundesliga wegen einer Gelbsperre fehlten, werden gegen Paris wieder zur Verfügung stehen, auch wenn Maatsen zuletzt wegen muskulärer Probleme Trainingseinheiten verpasste. Mats Hummels, in Leipzig wegen einer Platzwunde am Schienbein ausgewechselt, sollte laut Terzić ebenfalls einsatzbereit sein. Gleiches gilt für Marcel Sabitzer, der bei seinem ehemaligen Klub wegen eines Infekts nicht zum Einsatz kam.

Malen und Sabitzer gehören zu den wenigen Dortmunder Profis, die konstant auf ordentlichem bis gutem Niveau spielen. Torhüter Gregor Kobel, Julian Ryerson und mit Abstrichen Hummels gehören ebenfalls in diese Aufzählung. Etliche Spieler dagegen enttäuschen überwiegend, etwa der 30 Millionen Euro teure Neuzugang Felix Nmecha und inzwischen auch wieder Karim Adeyemi.

Umstrukturierung beginnt bereits

Mittelstürmer Niclas Füllkrug erzielte zwar wichtige Treffer und hat starke Momente wie im Viertelfinale der Champions League gegen Atlético, ist aber nach wie vor kaum ins Spiel eingebunden. In der Bundesliga erzielte er erst zwölf Tore, vier weniger als in der vergangenen Saison bei Werder Bremen. Niklas Süle, einer der Topverdiener, ist nur Ergänzungsspieler.

Der BVB benötigt in einer Zeit der Umstrukturierung außerhalb des Platzes auch im Kader wieder Veränderungen.

Am Tag des Hinspiels gegen PSG wird Sven Mislintat offiziell seine Arbeit als Technischer Direktor mit dem Schwerpunkt Kaderplanung aufnehmen. Er hat im Bereich des Scoutings den Ruf als »Diamantenauge«. Allerdings scoutet er nicht nach dem Ist-Zustand eines Spielers, sondern nach dessen Entwicklungspotenzial.

Ein solches Potenzial sehen die Dortmunder im bald 18 Jahre alten Julien Duranville, der den Großteil der Saison wegen Verletzungen verpasste, sowie in den je 19 Jahre alten Jamie Bynoe-Gittens und Youssoufa Moukoko. Bei beiden waren in dieser Spielzeit allerdings keine Fortschritte zu erkennen.

Die Bestandsaufnahme für den Ballspielverein Borussia fällt ernüchternd aus. Dabei gehört der BVB zu den besten vier Vereinen in Europa und rechnet sich durchaus Chancen aufs Finale aus, das am 1. Juni im Wembleystadion stattfindet.

Vielleicht hilft ja, wie schon im Halbfinale, die Gelbe Wand, Dortmunds Südtribüne. Julian Brandt jedenfalls sagte in Leipzig: »Du spielst zu Hause, spielst gegen Paris. Ich habe das Gefühl, dass die Fans gegen Paris sowieso immer besonders heiß sind.«

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